Das Atriumhaus mit sieben Geschoßen wurde von den Mitgliedern der HausWirtschaft gemeinsam mit dem Architekturbüro einszueins und dem Bauträger EGW entwickelt und geplant. Es bietet 48 Wohneinheiten unterschiedlicher Größe, vielfältige Arbeitsräume und Gemeinschaftsflächen.
Urbane Mischung
Gemischter Satz – so heißt ein in Wien sehr beliebter, einzigartiger Wein, der aus den Trauben verschiedener Rebsorten entsteht, die gemeinsam in einem Weingarten wachsen und gleichzeitig geerntet und verarbeitet werden. Auch die HausWirtschaft im Wiener Nordbahnviertel produziert – so könnte man sagen – einen „Gemischten Satz“, der auf seine Art einzigartig ist: Arbeiten, Wohnen, Freizeit und Kultur sind unter einem Dach vereint. Arbeiten und Wohnen nehmen jeweils 50 Prozent der Fläche ein. Es werden daher rund 200 Menschen im Haus wohnen und arbeiten. Wohneinheiten und Gewerberäume werden durch ein reichhaltiges Angebot an Gemeinschaftsräumen ergänzt, das der Hausgemeinschaft zur Verfügung steht. Arbeiten und Wohnen an einem Ort bedeutet kurze Wege im Alltag und schafft so eine neue urbane Lebensqualität für Familien und Singles aller Altersgruppen.

Impulse fürs Quartier
Die HausWirtschaft versteht sich als Pilotprojekt für eine nutzungsgemischte Stadt, ein Konzept, das für mehr sozialen Zusammenhalt und eine nachhaltige Nutzung knapper Ressourcen steht. In diesem Sinne setzt die HausWirtschaft zahlreiche Impulse für ein lebendiges Quartier: Die vielen kleinen Unternehmen aus verschiedenen Branchen schaffen ein vielseitiges Angebot an Dienstleistungen für die Nachbarschaft. Der Veranstaltungssaal trägt zur im Grätzl heiß ersehnten Belebung der Kulturszene bei. Flexible Räume können von der Nachbarschaft genutzt werden. Die halböffentliche Lobby dient als Ort der Begegnung und des Austauschs.
„Aus städtebaulicher Sicht ist die Ansiedlung des Projekts “Die HausWirtschaft“ ein Glücksfall. Es setzt, als Pilotprojekt, das die Trennung von Wohnen und Arbeiten aufheben möchte, einen Baustein für ein durchmischtes, lebendiges Stadtquartier.“
Lina Streeruwitz, StudioVlayStreeruwitz. Masterplanerin Leitbild Nordbahnhof
Architektur des Hauses
Das Haus wurde in einem mehrjährigen, partizipativen Prozess mit den zukünftigen Nutzer*innen geplant. Es ist ein kommunikatives, offenes Gebäude, das viel Flexibilität und Anpassbarkeit in der Nutzung ermöglicht. Arbeits- und Wohnflächen umfassen jeweils knapp 3.500 m² Nutzfläche.
- Im Erdgeschoß befinden sich der große Veranstaltungsraum, eine Gastronomie und die Lobby mit Rezeption. Von hier führt eine breite Stiege hinauf in das erste und zweite Obergeschoß, die mit ihren drei Meter hohen Räumen dem Gewerbe vorbehalten sind.
- Im dritten Obergeschoß bildet die große Gemeinschaftsküche mit der angeschlossenen begrünten Dachterrasse eine zentrale Begegnungszone für das ganze Haus.
- Vom 3. bis zum 7. OG werden die Wohnungen durch Laubengänge erschlossen. Das begrünte Atrium in der Mitte reicht bis ins 2. OG hinunter und sorgt auch dort für zusätzliche Belichtung.
- Am Dach wird eine Photovoltaik-Anlage Strom für das Haus produzieren. Die Fassade soll möglichst üppig begrünt werden.
Arbeitsräume
In der HausWirtschaft gibt es fixe Büros für Teams, Studios für ein bis zwei Personen, (Gemeinschafts-) Werkstätten mit angeschlossenen Ateliers, Therapieräume sowie einen großen Co-Workingspace mit abtrennbaren Bereichen, den sich mehrere Unternehmen teilen. Dazu Workshop- und Besprechungsräume, begrünte Balkone, Teeküchen und die Rezeption in der Lobby. Das Konzept der HausWirtschaft ermöglicht es auch kleinen Unternehmer*innen, in tollen, professionellen Räumen zu arbeiten. Das Teilen von Ressourcen sorgt für Leistbarkeit. Austausch und Kooperation werden groß geschrieben und eröffnen spannende Geschäftsmöglichkeiten. Die ausgewogene Mischung zwischen Arbeiten und Wohnen schafft eine neue urbane Lebensqualität und gibt eine zukunftsweisende Antwort auf den strukturellen Wandel der Arbeitswelt.
Das Motto dafür: Home und Office statt Home-Office!


Wohnräume
Es gibt insgesamt 48 Wohneinheiten in der HausWirtschaft: Die kleinste Einheit hat ein, die größte fünf Zimmer, jeweils plus Nebenräume. Die Wohnungen werden durch einen Laubengang erschlossen, der rund um ein begrüntes Atrium führt. Alle Grundrisse für ein Modell-Geschoß wurden von der Gruppe gemeinsam entwickelt, Dieses Geschoß gibt es fünf Mal übereinander. Die Wohnungen sind kompakt und gut ausgestattet. Das Haus rundherum bietet viele weitere Räume und Freiflächen, die den eigenen Wohnraum erweitern. In jedem Stockwerk steht ein Jokerzimmer für kurzfristigen Bedarf zur Verfügung. Jede Wohnung verfügt über eine private Loggia-Balkon-Kombination und den Platz am Laubengang, der sich für gemeinschaftliches Leben anbietet. Die Wohnungen bekommen daher auch Licht von zwei Seiten und können gut durchgelüftet werden. Geheizt und gekühlt wird mit Fernwärme, es gibt Außenjalousien und viel Grün am Balkon, an der Fassade und im Laubengang.
Gemeinschaftsräume

Soziokratie
Die HausWirtschaft ist nach dem Organisationsmodell Soziokratie aufgebaut. Jedes Mitglied leistet in mindestens einer Arbeitsgruppe, die sich inhaltlichen oder organisatorischen Themen widmet (Raum, Finanzen, Kommunikation, Gemeinschaft, etc.), aktive Mitarbeit am Projekt. Als gemeinsames Gremium aller Arbeitsgruppen gibt es den sogenannten Leitungskreis, der die Verfolgung der gemeinsamen Ziele stets im Blick hat und bereits geleistete Arbeit bestätigt. Entscheidungen werden im Konsent getroffen.
Baugruppenbegleitung
Das Team von realitylab vereint eine Vielzahl von Disziplinen. Von Architektur über Sozialwissenschaften, Mediendesign, Kultur- und Kommunikationswissenschaften bis zu Moderation, Mediation, Stadtteilarbeit und Beteiligungskultur – das Team ist bunt gemischt.
realitylab begleitet soziale Prozesse in Wohnbau und Stadtentwicklung, wie den Entwicklungsprozess der HausWirtschaft. Dabei verfolgt realitylab insbesondere das Ziel, die Selbstorganisationsfähigkeit der HausWirschaft zu stärken. Dabei kann das Team von realitylab Erfahrungen aus den bereits über zehn begleiteten Baugruppenprojekten einbringen.
Die Genossenschaft und das gemeinsame Haus der HausWirtschaft sind der perfekte Rahmen für die Arbeit und Weiterentwicklung von realitylab und seine Aktivitäten des Gemeinschaffens. Daher hat sich realitylab entschlossen, selbst Teil der HausWirtschaft zu sein.
Architektur und Planungsbeteiligung
Für eine lebendige Stadt brauchen wir eine Nutzungsmischung und das Involvieren von kleinen Gewerbetreibenden in unsere Stadtproduktion. Was liegt da näher, als die Erfahrungen mit partizipativen Prozessen im Wohnbau auch auf ein ‚Gewerbehaus‘ zu übertragen?
Unsere Aufgabe als Planer*innen ist es, ein Gebäude zu entwickeln, das den Bedürfnissen der zukünftigen Nutzer*innen entspricht und dabei im baurechtlich und finanziell vorgegebenen Rahmen zu bleiben. Mit innovativen Methoden ermöglichen wir umfassende und zielorientierte Mitbestimmung auf Augenhöhe. In Einzelgesprächen und Gruppensettings gestalten wir die Planungsabläufe so, dass Erfahrungen, Bedürfnisse und Wünsche aller zur Weisheit der Gruppe wachsen. Die Mitglieder der HausWirtschaft waren von Anfang an intensiv in den Planungsprozess eingebunden. Der Fokus liegt dabei auf dem gemeinsamen Ganzen und der Nutzung von Synergien.
